Der Weg zu den höheren Weihen des Advents
15.12.2008 / WAZ Lokales
Von Carsten Marc Pfeffer
Unter der Leitung von Ludwig Kaiser war in der Melanchthonkirche Johann Sebastian Bachs Weihnachtsoratorium zu hören. Das Bach Ensemble Ruhr sowie die Vokalisten Christine Alexander, Susanne Schlegel, Andreas Post und Thomas Peter wurden durch die Kantorei an der Melanchthonkirche überzeugend unterstützt. Auf dem Programm standen die erste, dritte und sechste Kantate.
Mit einem „Jauchzet" und einem „Frohlocket" begann zu Pauken und Trompeten der jubelnde Eingangschor der ersten Kantate. Durch einen ausgewogenen und differenzierten Chorklang konnte die Kantorei das Publikum in der ausverkauften Melanchthonkirche begeistern. Gerade die ausholenden Choräle des Oratoriums, bei denen viele Kirchenchöre an ihre Grenzen geraten, wurden von den Mitgliedern der Kantorei mit Bravour gemeistert. Chapeau - hier gelang Beachtliches.
Unter den Vokalisten profilierte sich vor allem der Tenor Andreas Post. Seine Rezitative des Evangelisten zeugten von einer stimmlichen Luzidität, mit der er seinen Rang als international renommierter Künstler unter Beweis stellte. Doch auch Susanne Schlegel verstand es, mit der Arie „Bereite dich, Zion, mit zärtlichen Trieben" jene versöhnende Dringlichkeit herauf zu beschwören, die dem Weihnachtsoratorium zu eigen ist. Das Duett „Herr, dein Mitleid" der dritten Kantate stand im Zentrum der Aufführung. Vorgetragen von Christine Alexander und Thomas Peter fand es bei den Zuhörern den Zugang zu den höheren Weihen einer vorweihnachtlichen Innerlichkeit. Die Worte von der „holden Gunst und Liebe des Herrn" gewannen durch den einladenden Liebreiz des Vortrags die Zuversicht auf ein Erbarmen.
„Tod, Teufel, Sünd und Hölle sind ganz und gar geschwächt" - mit dem letzten Choral der sechsten Kantate endete der gelungene Abend. Die Aufführung wurde mit lang anhaltendem Applaus honoriert
Ludwig Kaiser stimmt auf die Osterzeit ein
In der gut besuchten Melanchthonkirche war ein ergreifendes Konzert unter dem Titel „Verwirf mich nicht vor deinem Angesicht" zu erleben.
Unter dem Titel „Verwirf mich nicht vor deinem Angesicht" stimmte die Kantorei an der Melanchthonkirche unter der Leitung von Ludwig Kaiser auf die Osterzeit ein. Von Brahms über Bruckner bis zu Reger entfaltete sich der pointierte Programmverlauf in der gut besuchten Kirche.Nachdem Kantor Ludwig Kaiser an der Orgel mit Brahms' Choralvorspiel und Fuge über „O Traurigkeit, o Herzeleid" das Konzert eröffnet hatte, setzte die Kantorei zu zwei kräftigen Gradualen Anton Bruckners an. Die hervorragend dargebotenen Stücke „Locus iste" und „Christus factus est" öffneten nicht nur die Ohren, sondern auch die Herzen des andächtigen Publikums. Es folgte ein Orgel-Solo von Franz Liszt. Nun zog Kaiser die großen Register seiner Passion. Seine Erfahrungen in der Instrumentalisierung von Stummfilmen ermöglichten es Kaiser, Liszts Kreuzandachten einen Raum der transzendentalen Entfaltung zu öffnen.Zu den Andachten „Jesus begegnet seiner heiligen Mutter" und „Simon von Kyrene hilft Jesus das Kreuz tragen" visualisierten sich vor dem inneren Auge die tragischen Szenen konturenreich. Nun war es an dem Chor, das hohe Niveau des Konzertes zu halten.Mit Hugo Wolfs „Weil jetzo alles stille ist" und „Komm, Trost der Welt" gelang dies den Mitgliedern der Kantorei mit Bravour.Nach einer langsamen Fuge für die Orgel in as-moll von Brahms setzte die Kantorei zu ihrem fulminanten Abschluss an. Auf den ergreifenden Kanon „Verwirf mit vor deinem Angesicht“ von Johannes Brahms folgte ein Abendsegen von Felix Mendelssohn Bartholdy, dessen dreimalige Anrufung des Herrn mit Nachdruck vorgetragen wurde. Mit einem Nachtlied von Max Reger endete das Konzert. Kaiser wurde von Seiten der Kantorei eine verdiente Rose überreicht.
25.03.2009 / WAZ Lokales
Messe in h-moll
Instrumente sind eine Sensation für sich
08.12.2009 / Lokales
Von Carsten Marc Pfeffer
Bei der Messe in h-moll von Johann Sebastian Bach in der Melanchthonkirche. Kantorei wächst über sich hinaus
Nicht zu Unrecht wurde Johann Sebastian Bachs Messe in h-moll von den Romantikern „die hohe Messe" genannt. Die Melanchthonkirche war bis auf den letzten Platz ausverkauft, als die Kantorei, unterstützt von vier Vokalisten sowie dem Bach-Ensemble, begann, unter der Leitung von Ludwig Kaiser das große Werk zu bewältigen.
Die historischen Instrumente des Bach-Ensembles waren eine Sensation für sich. Ob Tromba, Timpani oder Corno da caccia - es gab viel zu sehen und zu hören. Der Vokalzyklus zeugte bei aller Mannigfaltigkeit von hoher Geschlossenheit und Aussagekraft. ... Unter der Leitung von Ludwig Kaiser wuchs die Kantorei über sich hinaus. Bereits nach dem ersten „Kyrie eleison" hatte die verzehrende Stille der kleinen Pause das Publikum mitgenommen in die wohligen Gesangswellen, die sich himmelwärts wanden und von dort den Blick auf das gesamte Menschheitsdrama offenbarten: „Herr, erbarme Dich."
... Langer Applaus, der sich schließlich zu Standing Ovations steigerte. In der Melanchthonkirche war ein überaus verdienter Erfolg zu erleben.
Vom Aufbruch in die Moderne
„Tenöre wie im Klangteppich verwoben“
Die Melanchthon-Kantorei verband sehr ambitioniert Musik und Lyrik der Moderne miteinander
12.07.2010 / Lokales
Von Carsten Marc Pfeffer
„Die schwarze Qual ist ausgetrunken“. Unter dem Titel „Vom Aufbruch in die Moderne“ präsentierte die Kantorei der Melanchthonkirche ein ambitioniertes Chorkonzert, bei dem Thomas Bernhard und Ingeborg Bachmann zu Wort kamen, rezitiert von einer einfühlsamen Veronika Nickl.
Mit zwei Ableitungen konnte Ludwig Kaiser die musikalischen Bezüge zur Moderne aufweisen. Im Zentrum des Konzertes stand das Lamm Gottes: „Agnus Dei“, einmal in der Version von Samuel Barber (1910-1981) sowie in der Vertonung des zeitgenössischen Komponisten Krzysztof Penderecki (*1933). Mit der Sopranistin Christine Alexander konnte eine Sängerin gewonnen werden, die vor allem bei Barber die entscheidenden Akzente setzte.
Die gut besuchte Veranstaltung begann mit Felix Mendelssohn Bartholdys „Mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Die prächtige Vokalentfaltung des Crescendo stimmte auf die hohe Qualität des Konzertes ein. Die Kantorei an der Melanchthonkirche gehört mittlerweile zu den profiliertesten Chören der Stadt. Faszinierend welche musikalischen Experimente möglich geworden sind.
Samuel Barbers „Agnus Dei“ erwies sich als ausgesprochen wirkungsvoll. Das schrille „nobis pacem“ Christine Alexanders entrückte für Taktlängen bei aller Ernsthaftigkeit. Zauberhaft. Ebenso die intermittierenden Poesie-Passagen Veronika Nickls. Der Einbruch der Moderne: ein somnambules „Dunkles zu sagen“. – Ingeborg Bachmanns Worte gingen weit über das Sagbare hinaus. Immer wieder klang ein unsagbar Drittes zwischen den Zeilen hervor. Mit geschärften Sinnen ging es in die zweite Programmhälfte.
Johann Sebastian Bachs doppelchörige Motette „Singet dem Herrn ein neue Lied“, klang kräftig durch das Labyrinth der schalldurchlässigen Paravents. Die Partitur schien wie eine Vorahnung einer kafkaesken Verschränkung. So untypisch für Bach; so genial angelegt für das folgende „Agnus Dei“ von Krzysztof Penderecki. Die Tenöre wie im Klangteppich verwoben, so zog sich das Chorwerk in weiten Kreisbewegungen auseinander und offenbarte gleichsam einen metallenen Schimmer. Beim Ausklang vermeinte man, ein Delay zu hören. Großartig.
Entsprechend groß der abschließende Applaus des Publikums an der Königsallee. Solche anspruchsvollen Konzerte, die sich nicht vor der Moderne verschließen, sondern einen versöhnenden Umgang mit ihr pflegen, verdankt das Publikum vor allem dem Engagement Ludwig Kaisers. Immer wieder gelingt es dem Kantor zu überraschen. Immer wieder ist es die Brillanz, die aus seinem Mut erwächst. Ein Local Hero – ohne Zweifel.